Die Verletzungshäufigkeit beim Laufen wird in der Literatur mit hohen Werten zwischen 20-80% angegeben. Dabei betreffen etwa 50% der Beinverletzungen das Kniegelenk. Von daher ist man ständig auf der Suche nach Anpassungen des Laufstils, mit denen die Belastungen auf das Kniegelenk reduziert werden können. Eine Möglichkeit, die Belastung im Kniegelenk zu reduzieren ist die Umstellung auf einen Laufstil mit Vor- oder Mittelfußaufsatz. Eine Problematik bei einer derartigen Umstellung ist jedoch, dass ein Großteil der Last beim Vor- und Mittelfußlauf von den Plantarflexoren (Fußstreckern) des Sprunggelenks übernommen wird und hier immer wieder von Überlastungsverletzungen der Wadenmuskulatur und der Achillessehne berichtet wird. Eine andere vielversprechende Möglichkeit scheint eine erhöhte Vorneigung des Rumpfes zu sein.

H.-L- Teng und C. Powers, die Autoren der Studie Influence of Trunk Posture on Lower Extremity Energetics during Running (Medicine & Science in Sports & Exercise), haben in ihrer Untersuchung die Gelenksbelastungen von Hüfte, Knie und Sprunggelenk zwischen Läufern mit höherer und niedrigerer Oberkörpervorneigung verglichen. Sie analysierten das Laufmuster von 20 Männer und 20 Frauen und halbierten die Gruppe anhand ihrer Oberkörpervorneigung. Die Gruppe mit einer mittleren Vorneigung von knapp 11° zeigte geringere Belastungen im Kniegelenk bei der Energieaufnahme (-23%) und –erzeugung (-13%) als die aufrechtere Gruppe mit eine mittlere Oberkörpervorneigung von nur 3.6°. Interessanterweise wurden diese Belastungen nicht auf das Sprunggelenk verschoben wie beim Mittel- und Vorfußlauf, hier beobachteten die Forscher keine Änderungen. Anders hingegen beim Hüftgelenk, hier arbeiteten die Hüftstrecker der Gruppe mit höherer Oberkörpervorneigung um 140% mehr.

Veränderungen der Gelenkbelastungen beim Laufen in Abhängigkeit von der Oberkörpervorneigung (Ergebnisse aus Teng & Powers 2015)

 

Die Ergebnisse der Studie deuten darauf hin, dass eine geringe Vorneigung von etwa 7° mehr ausreicht, um die Belastung im Kniegelenk beim Laufen zu deutlich zu reduzieren – und dass, ohne die eh schon stark belastete Wadenmuskulatur und die Achillessehne zusätzlicher Belastung auszusetzen. Als Nebeneffekt wird die Hüftstreckmuskulatur zusätzlich beansprucht, was bei meist abgeschwächten Hüftstreckern als positiv zu bewerten ist.

Referenz

Teng, H.-L., & Powers, C. M. (2015). Influence of trunk posture on lower extremity energetics during running. Medicine and science in sports and exercise, 47(3), 625–630. doi:10.1249/MSS.0000000000000436

Oberkörpervorneigung reduziert Kniebelastungen beim Laufen

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.